Die überwältigende Mehrheit der familienpolitischen Experten und Verbände hält das Betreuungsgeld für eine absolute Fehlinvestition. Bei einer offiziellen Anhörung des Sozialausschusses am Donnerstag im Bayerischen Landtag rieten die Experten dringend dazu, die eine Milliarde Euro bis 2021 stattdessen in den Ausbau und die weitere Qualitätsentwicklung der Kinderbetreuung zu stecken.
Die familienpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Doris Rauscher, appellierte nach dem eindeutigen Votum der Fachleute an die CSU, ihre Pläne für die Einführung eines solchen Landesbetreuungsgelds zu überdenken: „Das Ergebnis der Anhörung war unmissverständlich – eine klare Mehrheit der unabhängigen Fachleute ist gegen die Einführung eines bayerischen Betreuungsgeldes. Die CSU darf diesen geballten Sachverstand nicht ignorieren! Es geht uns ganz generell um die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.”
Die Bandbreite der Kritiker reicht dabei von Wohlfahrts- und Fachverbänden wie dem Paritätischen Wohlfahrtsverband, der Arbeiterwohlfahrt und dem Verband alleinerziehender Mütter und Väter über das Deutsche Jugendinstitut und den Bayerischen Landesfrauenrat bis hin zu den Gewerkschaften. Die Juristin und Sozialwissenschaftlerin Professor Maria Wersig bezweifelt sogar die Verfassungsmäßigkeit des CSU-Vorhabens.
Nach Einschätzung der Experten ist das Betreuungsgeld sozial ungerecht, zementiert Ungleichheiten zwischen Mann und Frau, erschwert die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, verfestigt das Armutsrisiko von Alleinerziehenden und setzt auch bildungs- und integrationspolitisch völlig falsche Signale. Rauscher betont: „Die Fachleute liegen ganz auf unserer Linie. Da wir jeden Euro nur einmal ausgeben können, sollten wir die Steuergelder vernünftig und wirksam einsetzen.“
Nicht nur die Sachverständigen lehnen das geplante Landesbetreuungsgeld ab, sondern auch sämtliche Oppositionsfraktionen und die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger, wie eine Umfrage jüngst ergeben hat. Der Gesetzentwurf der Staatsregierung wird nach Ostern in die Ausschussberatungen gehen.